Das Focus Jam² 7.8 im Test auf den Trails

e-MTB Herzen schlagen höher

Focus Jam2 7.8

Zuletzt aktualisiert am 3. Januar 2024

Ein kurzes Kopfnicken mit wohlwollendem Blick genügt hier oben auf 1000 Metern im Südschwarzwald als Signal der Anerkennung für das Focus Jam² 7.8. Auf dem leeren Parkplatz der Almgaststätte Kälblescheuer zollt uns der Wirt an diesem kalten Wintermorgen seinen Respekt, bei Temperaturen um die 0 C° eine e-MTB-Tour zu starten. Zusammen mit meinem Belchenradler-Teamkollegen Wanja begebe ich mich auf eine Testfahrt mit dem Focus Jam² 7.8 – dem All-Mountain e-MTB von Focus

Die Jam² Modelle sind mir vertraut und auch schon ans Herz gewachsen. Im vergangenen Jahr bin ich einige Monate ein Jam² 6.8 gefahren und habe es bis heute gut in Erinnerung behalten. Ich bin jetzt gespannt, wie sich das Jam² 7.8 im Vergleich schlägt. Die 7er-Serie kommt nicht nur mit einem neuen Rahmen mit veränderter Geometrie, sondern beinhaltet nun auch einen Shimano EP8 Motor mit großem 720 Wh Akku.

Vor der Testfahrt: Mein erster Eindruck

Die Farbe Blue-Green leuchtet hier oben im faden Winterlicht wie ein kostbares Juwel und gefällt mir ausgesprochen gut. Der anhaltende Trend zu immer größeren Akkus stellt die Hersteller bei Rahmendesigns vor echte Herausforderungen, was nicht immer zu optisch ansprechenden Lösungen führt. Focus hat seinen neuen 720 Wh Akku beim Jam² 7.8 jedoch äußerst gelungen integriert. Er ist lang und schmal gebaut, wodurch das Unterrohr eher filigran als wuchtig wirkt. Der Akku lässt sich nach unten entnehmen, in etwa so, wie man es schon vom Specialized Turbo Levo gewohnt ist. In Kombination mit dem leichten und kompakten Shimano EP8 Motor entsteht eine schlanke Optik. Gerade in dieser e-MTB Klasse der Power-Motoren und +700 Wh Akkus ist dies keine Selbstverständlichkeit.

Focus Jam² 7.8 Panorama

Die neue Dämpferanlenkung am Oberrohr ist nicht nur optisch ein Gewinn, sie schafft auch Platz für eine große Trinkflasche. Der Radstand ist mit 126 cm in Rahmengröße L nochmals rund 4 cm länger geworden als beim 6.8. Obwohl der Shimano EP8 Motor rund 300 Gramm leichter als der Bosch CX im 6.8 ist, sorgt der nun von 625 Wh auf 720 Wh gewachsene Akku für eine leichte Gesamtgewichts-Zunahme. In Anbetracht des Reichweitenzugewinns dürfte dies aber für die meisten gut verschmerzbar sein. Auf geht es endlich zur Probefahrt!

Die Probefahrt auf dem Focus Jam² 7.8 beginnt

Wir starten auf 1000 MüM. Doch wer denkt, dass nun eine Abfahrt folgt, liegt falsch. Wir haben die höchsten Berge des Südschwarzwaldes noch vor uns. Es geht die nächsten Kilometer auf einem schönen Naturtrail stetig bergauf. Das Focus Jam² 7.8 ist zum Preis von 5.399€ das Einstiegsmodell in der 7er-Jam2-Reihe bei Focus. Die Ausstattung ist etwas puristischer und einfacher gehalten als bei den Top Modellen 7.0 und 7.9. So ist das SC-E5002 Control-Display am Lenker nur monochrom. Man hat trotzdem die wichtigsten Information wie Ladezustand, Geschwindigkeit, Reichweite in Kilometer, Distanz oder Tagesstrecke im Blick und kann gewohnt zwischen den 3 Unterstützungsstufen ECO, Trail und Boost wählen. Praktisch ist auch eine USB-C Ladebuchse beim Ein/Aus-Schalter am Oberrohr. Wer sein Mobiltelefon zur Navigation benutzt, wird dies zu schätzen wissen.  

Focus Jam² 7.8 in Action

Der Shimano EP8 Motor überzeugt leicht und leise

Der Shimano EP8 zieht an unserem ersten Anstieg mit ordentlich Drehmoment souverän durch und geht wie “Schmitz-Katze”. Unter Last schnurrt er hörbar, aber auch nicht lauter als man es vom Bosch CX gewohnt ist. Wenn man mit einer Trittfrequenz von ca. 75 bis 95 Umdrehungen fährt, steht der EP8 leistungsmäßig auf Augenhöhe mit dem Platzhirsch von Bosch. Ein Hauptvorteil des EP8 liegt in seiner überaus kompakten Bauform. Er ist der leichteste und kleinste Antrieb unter den Power-Motoren. Dadurch lassen sich beim Focus Jam² 7.8 einige Zentimeter mehr Bodenfreiheit gewinnen als bei e-MTBs mit größeren Aggregaten. Dies wird besonders wichtig beim Überrollen von Hindernissen wie Felsen oder kleineren Baumstämmen. Ich laufe weniger Gefahr mit einem Pedal oder gar dem Motor aufzusetzen – ein echtes Sicherheitsfeature! Von diesem Plus an Bodenfreiheit profitiere ich auch jetzt. In unserem Waldabschnitt war die Forstwirtschaft zugange und so ist der Boden voller tiefer Furchen und gespickt mit Ästen und größeren Steinen. Alles keine Herausforderung für das 7.8. 

Shimano EP8

Grip und Klettereigenschaften

Auf dem Boden glänzt eine dünne Schicht Pulverschnee aus der letzten Nacht wie feiner Puderzucker. Die Maxxis Minion DHF Reifen generieren mir guten Grip und bieten ausreichend Sicherheitsgefühl, auch unter diesen nasskalten Bedingungen. Die Geometrie mit ihrem langen Radstand und einem steilen 76° Sitzwinkel sorgt für ausgezeichnete Klettereigenschaften. Das Vorderrad klebt ausgezeichnet am Boden, auch als ich eine steile Rampe erklimme, die zum nächsten Trail führt.  Nach einigen Kilometern machen Wanja und ich den ersten Zwischenstopp auf einem herrlichen Aussichtspunkt mit Blick zum Belchen bis weit hinunter ins Rheintal und zu den Vogesen. Wir nutzen die Gelegenheit für ein kleines Foto- & Videoshooting, bevor wir uns auf die erste Abfahrt begeben.  

Panorama im Schwarzwald

Fahrspaß und Sicherheit bergab

„Länge läuft“ heißt ein bekanntes Sprichwort und dies triff auch auf das Focus Jam² 7.8 zu. Ich senke die Teleskop-Sattelstütze ab und der Fahrspaß kommt augenblicklich. Das 7.8 hat einen Lenkwinkel von flachen 65,5°. Per Flip Chip ließe sich dieser sogar noch um weitere 0,5° flacher stellen. Das sind Werte, die noch vor wenigen Jahren Enduro-Bikes hatten. Bedingt durch den langen Radstand lässt sich das Jam² äußerst gutmütig und sicher bergab bewegen. Wenn man eine Linie mal nicht ganz trifft, ist das auch kein Problem. Die bekannte F.O.L.D.-Kinematik sorgt im Focus Jam² 7.8 für ein sensibles Ansprechverhalten des Fahrwerks. 2.6 Zoll breite 29er Laufräder bügeln in Kombination mit dem 150 mm Fullsuspension-Fahrwerk alles platt, was an Steinen oder Wurzeln in den Weg kommt. Auch die Shimano MT520 4-Kolbenbremsen mit großen 203 mm Scheiben lassen keine Wünsche offen. Sie geben klare Rückmeldung, lassen sich feinfühlig dosieren und haben bei Bedarf ausreichend Biss.

Focus Jam² 7.8 mit Christof

Welche Fahreigenschaften hat das Focus Jam² 7.8?

Solide ausgestattet, bietet das Focus Jam² 7.8 im Gesamtpaket auch für weniger fahrtechnisch Erfahrene viel Fahrspaß und Sicherheit. Ich kann mir das 7.8 auch gut auf angelegten Flow-Trails vorstellen, die mit Anliegern, Wallrides oder kleineren Sprüngen flüssig fahrbar sind. Die Sprungfreigabe ist Kategorie 4 (bis 110 cm maximale Höhe). 

Auf Naturtrails mit engen Spitzkehren hingegen wird der längere Radstand und das höhere Gewicht etwas zum Nachteil. Dann bedarf es einer sauberen Fahrtechnik, um das Bike „ums Eck“ zu bekommen. Wanja zeigt mir als Trailprofi gleich mal eindrucksvoll, dass das auch mit einem 25kg Bike geht, als er bergab mit dem Jam² 7.8 auf dem Vorderrad rollend eine enge Kurve durchfährt, um anschließend im Wheelie wieder bergauf zurückzukommen. Na dann, Prost! Es gibt keine Ausreden mehr.

Beim Spagat zwischen Laufruhe und Verspieltheit liegt beim Focus Jam² 7.8 der Schwerpunkt eher auf ersterem. Wanja (193cm) und ich (183 cm) würden daher beide zu einem M-Rahmen greifen, um ein etwas kürzeres, verspielteres Bike zu erhalten.  Wir kommen runter zum Kreuzweg und nutzen die Skipiste entlang am Lift für den nächsten Aufstieg. Wanja meint lapidar „e-MTBs sind halt schon sehr nice“, als wir mit einem Grinsen im Gesicht die Skipiste erklimmen. Oben am Skilift-Start angekommen, wollen wir das 7.8 nochmals einem letzten Härtest unterziehen – im Down-, wie Uphill. Ein schmaler Pfad führt auf der Rückseite über eine Wiese extrem steil bergab Richtung Münstertal.  

Panorama mit Christof

Fahrwerk & Setup

Focus betont die neue, verbesserte Kinematik bei dem Focus Jam² 7.8 mit mehr Progression. Den Sag (Negativfederweg) habe ich bei der Rock Shox Gold Gabel auf 20% eingestellt und beim RockShox Dämpfer auf gut 25%.

Ich als Genussfahrer überlasse das Ballern lieber den jungen Wilden. Und so stürzt sich nun mein Kollege Wanja, der auch schon Enduro-Rennen gefahren ist, zu Testzwecken mit mächtig Speed in die Tiefe, dass es mir nur vom Zuschauen schon den Atem raubt. Mannomann, der Junge kann fahren! Unten angekommen hat der RockShox Dämpfer noch 3-4 mm ungenutzten Restfederweg, das Setup passt also schon ganz gut. Die 150mm Rock Shox 35 Gold-Gabel kam beim Eintauchen in einer Senke auf Anschlag, obwohl Wanja nur 70 kg wiegt. Racer oder schwerere Fahrer werden wohl die Federkennlinie mittels Spacer progressiver abstimmen. Für Fahrerinnen und Fahrer, die langsamer unterwegs und nicht allzu schwer sind, bietet das Werks-Setup aber eine gute Ausgangsbasis mit viel Komfort.  

Nosewheelie von Wanja

Die Uphill-Challenge

Beim Versuch, den gleichen Pfad, den Wanja gerade runtergefahren war, wieder hochzufahren, scheitern wir beide an einer bestimmten Stelle. Sie ist mördersteil und irgendwie kommen wir mit dem EP8 nicht ganz in die optimale Kadenz für maximale Leistung. Gefühlt ist ein Bosch CX bei niedriger Trittfrequenz einen Tick stärker. Ab dem zweiten Versuch hat es Wanja aber raus und schafft den Anstieg mit dem Focus Jam² 7.8. Man braucht einfach etwas mehr Speed vor der Schlüsselstelle.

Auf einem Trail mit reichlich Wurzelteppichen fahren wir bergab zurück zur Kälblescheuer. Pulverschnee und überfrorene Wurzeln können heimtückisch sein. Mit dem Focus Jam² 7.8 fühle ich mich aber auch hier so sicher, als würde ich das Bike schon ewig fahren. Das ist immer ein gutes Zeichen und ein Garant für mächtig Fahrspaß.  

Wheelie mit Wanja

Fazit zur Testfahrt mit dem Focus Jam² 7.8

Das Focus Jam² 7.8 gefällt nicht nur optisch, sondern überzeugt auch mit einem sehr guten Preis-/Leistungsverhältnis. In dieser Preisklasse darf man keine High-End Komponenten erwarten. Sie erfüllen jedoch alle – ohne Wenn und Aber – ihre Funktion und ihren Zweck. Wer mehr braucht, kann zum 7.9, oder 7.0 greifen.  Das Gesamtkonzept des 7.8 ist stimmig. Beachtenswert ist auch die Gewichtsfreigabe bis 150 Kilogramm. Schwerer gebaute e-MTB-Fans werden dies genauso zu schätzen wissen wie den großen 720 Wh Akku.  

Wer ein All-Mountain e-MTB mit viel Power, großem Akku und Laufruhe sucht, das besonders bergab viele Sicherheitsreserven bietet, liegt mit dem Jam² 7.8 genau richtig. Wem 625 Wh genügen und wem eine weniger flache Geometrie in Kombination mit dem Bosch CX zusagt, für den gibt es auch immer noch die 6er-Jam²-Reihe. In jedem Fall lohnt sich eine Probefahrt beim Focus-Fachhändler des Vertrauens.

Belchenradler

Herzlichen Dank an die e-Bike Experten von e-motion e-Bike Welt Freiburg Süd, für die Bereitstellung des Test-Bikes.

Euer Belchenradler,
Christof Steier

 

Christof

Christof

...nimmt für e-motion die neuesten e-Bikes unter die Lupe
Scroll to Top

Deine Meinung ist uns wichtig!

11 Fragen - 2 Minuten

Mit nur wenigen Klicks kannst du uns helfen, unseren Blog zu verbessern und genau die Themen rund ums e-Bike abzudecken, die dich interessieren.
Wir freuen uns auf dein Feedback.