Zuletzt aktualisiert am 13. Dezember 2021
„Das Nevo3. Super sportlich. Super komfortabel“, so der Slogan des Premium Herstellers Riese & Müller, aus Mühltal bei Darmstadt. Aber passt ein Nevo3 GT überhaupt in einen Touren e-Bike Vergleichstest? Zugegeben es fällt in diesem Testfeld etwas aus dem Rahmen, sowohl preislich als auch konzeptionell. Aber man sollte sich nicht täuschen lassen von der Tiefeinsteiger-Rahmenform. Wer die Marke kennt weiß – wenn jemand einen Tiefeinsteiger bauen kann, der stabil genug für den harten Trekking-Einsatz ist, dann ist das Riese & Müller. Dieser Test soll Aufschluss geben, ob das Nevo3 die hohen Erwartungen erfüllen kann.
Erster optischer Eindruck
Wow! Das Riese & Müller Nevo3 in der Farbe „Lunar Grey Metallic“ wirkt schon auf den ersten Blick unglaublich edel und hochwertig. Sein Erscheinungsbild ist dezent und vornehm, mit dem Understatement einer britischen Nobelkarosse – mehr Champions League geht kaum. Auch die Ausstattung ist kaum zu toppen. Verbaut ist, wie nicht anders zu erwarten, der mit 85 Nm stärkste Motor „Performance Line CX 4.0“ von Bosch. Passend dazu der „große“ 625 Wh Akku, je nach gewählter Konfiguration per Dual Battery auf bis zu 1125 Wh erweiterbar. In der getesteten „Vario“-Variante hat das Nevo3 eine stufenlose enviolo 380 Nabenschaltung, mit einem leisen, wartungsarmen Riemenantrieb. Als einziges Bike im Testfeld kommt hier eine hochwertige Luftfedergabel (Suntour Aion Air) mit
100 mm Federweg zum Einsatz, sowie eine gefederte Sattelstütze von Cane Creek. Als weiteres Alleinstellungsmerkmal im Testfeld, besitzt das Nevo3 eine 4 Kolbenbremse, die MT5 von Magura am Vorderrad, zusammen mit einer MT4 am Hinterrad.
„Sehen und gesehen werden“ – auch bei der Lichtanlage hat das Nevo3 die Nase vorn. Eine Supernova Mini2, als super heller Frontscheinwerfer und ein Busch & Müller Toplight 2C Rücklicht,
machen die Nacht zum Tag. Die Qualität der verbauten Komponenten und eine Vielzahl von Konfigurierungsoptionen zeigen, dass das Riese & Müller eine Klasse für sich ist.
Auf zur Testfahrt!
Die Kombination aus breiter Bereifung, sensibel ansprechender Luftfedergabel und einer stoßabsorbierenden Cane Creek Parallelogramm-Sattelstütze, lässt das Nevo3 GT schlechten Fahrbahnbelag bis hin zu kleinen Bordsteinkanten mühelos überrollen und sorgt für ein unvergleichlich komfortables Fahrgefühl. Passend dazu die angenehme, leicht aufrechte Sitzposition (Reach 410 mm), ergonomische Griffe und ein hochwertiger, bequemer Sattel. Die Testfahrt führt mich über verschiedene Untergründe. Mal Asphalt, mal Pflastersteine und auch über unbefestigte Natur- und leichte Schotterwege. Das Nevo3 GT bügelt alles glatt.
Ein bekanntes Fahrgefühl
Da ist es wieder, es ist sofort spürbar. Das Nevo3 ist ein typisches Riese & Müller. Ein R&M fährt sich wie kein anderes Rad. Kaum ein Pedelec liegt so satt auf der Straße und bietet dabei so viel
Komfort wie die Räder des deutschen Premium-Herstellers. Auch als Tiefeinsteiger fährt sich das Nevo3 absolut verwindungssteif, exakt so, wie man es als Kenner der Marke gewohnt ist. Ein Blick auf das gigantisch dimensionierte 170 mm Steuerrohr erklärt weshalb. Denn je länger das Steuerrohr konzipiert ist, desto mehr Steifigkeit bekommt der Rahmen.
Als Tiefeinsteiger bietet das Nevo3 den Vorteil des leichteren Auf- und Absteigens. Dies ist zunächst etwas ungewohnt für mich, aber selbst als sportlich orientierter Fahrer, lerne ich es auf meiner Testfahrt schnell zu schätzen. Der Tiefeinstieg bringt mehr Komfort und mehr Sicherheit. Denn der tiefe Einstieg ermöglicht mir ein rasches Auf- und Absteigen und meine Füße befinden sich schnell und sicher auf der Erde.
Das Nevo3 ist schwer (29 kg), aber nicht schwerfällig. Die breiten 27,5 Zoll Super Moto-X Reifen (GT-Konfiguration) mit Straßenprofil geben dem Nevo3 bei meiner Testfahrt durch Bad Krozingen und seinen schönen Kurpark eine verspielte Wendigkeit und Agilität, die man bei einem Rad dieser Gewichtsklasse so nicht vermutet.
Ein Blick auf die Technik
Der Bosch Performance Line CX 4.0 Motor und der gesamte Antrieb arbeiten beim Nevo3 gefühlt eine Spur leiser, als bei den anderen beiden Rädern im Test. Das Nevo3 animiert mich daher zum entspannten Fahren durch den schönen Kurpark. Natürlich passt das Erscheinungsbild des Riese & Müller perfekt wie ein Maßanzug in die mondäne Kulisse. Selbst bei niedriger Unterstützungsstufe, im Eco-Modus, hält der Bosch genügend Kraft bereit, damit ich entspannt die Gartenlandschaft und Kurpark-Atmosphäre genießen kann.
Geräuschlos und wartungsarm passt die stufenlose enviolo 380 Nabenschaltung in Kombination mit dem Riemenantrieb hervorragend zum Gesamtkonzept. Besonders für den Einsatz in der Stadt ist die enviolo Schaltung wie geschaffen. Sie lässt sich problemlos auch im Stand schalten, etwa bei einem plötzlichen Ampelstopp, ist leicht und intuitiv bedienbar. Zur Auswahl in der Konfiguration steht bei R&M jedoch auch eine klassische 11-Gang Shimano XT-Kettenschaltung oder eine Rohloff 14-Gang Nabenschaltung.
Die MT5 / MT4 Bremsanlage von Magura vermittelt in jeder Fahrsituation viel Sicherheit. Sie besitzt nicht nur eine brachiale Bremskraft, sondern lässt sich auch äusserst feinfühlig dosieren. Top! Lediglich die Ergonomie der etwas klobigen 2-Finger-Bremshebel trifft nicht ganz meinen Geschmack. Ich bevorzuge 1-Finger Bremshebel, die sich aber nachrüsten lassen. Die Gewichtsfreigabe des Nevo3 liegt bei 140 kg – mit dem für 50 € Aufpreis konfigurierbaren „Heavy-Duty-Package” sogar bei 160 kg.
Das R&M Nevo3 als Trekking-Rad?
Würde sich das Riese & Müller Nevo3 GT Vario auch für einen mehrtägigen Trekking-Urlaub eigenen? Meine Antwort ist ein klares Ja! Der verwindungssteife Rahmen, der starke Motor und die Möglichkeit, sich bei Riese & Müller ein Rad ganz individuell zu konfigurieren, erweitern das Einsatzspektrum enorm. Nahezu alles ist möglich: Displays von schlicht bis smart, Front-Gepäckträger- und Trinkflaschen-Systeme, verschiedene Bereifungen, bis hin zum MTB-Stollenreifen (GX-Option), Dual Battery oder verschiedene Antriebe und Schaltungen, lassen kaum Wünsche offen. Einem Einsatz als Trekking-Rad steht somit nichts im Weg.
Gesamt-Fazit aus dem Touren e-Bike Vergleichstest:
Jedes der getesteten Räder erfüllt die hohen Anforderungen die an ein Trekking / SUV – E-Bike insgesamt gestellt werden. Individuelle Vorlieben, der bevorzugte Einsatzzweck, und natürlich der Preis werden letztlich eine Kaufentscheidung prägen. Einen klaren Testsieger gibt es daher nicht.
Hier meine Empfehlung, welches der getesteten Bikes sich für wen am Besten eignen könnte:
- Touren e-Bike mit Mountainbike-Genen: Wenn ihr unbefestigte Wege bevorzugt, auf eurer Tour auch gerne mal den ein oder anderen leichten Wurzelpfad mitnehmen wollt aber generell nach einem Touren-Bike Ausschau haltet, eignet sich das Focus Aventura² 6.7 besonders für euch.
- Der Gipfelstürmer: Wenn ihr auf euren Ausflügen auch gerne mal steile Pfade und Bergstrecken erklimmen wollt, ist das Corratec E-Power MTC 12S der ideale Begleiter. Die große Übersetzungsbandbreite in Kombination mit den leichten Stollenreifen, sind der Garant für jede Menge Fahrspaß, auch auf bergigen Touren und abseits asphaltierter Strecken.
- Das Allroundtalent: Ihr möchtet mit eurem Touren e-Bike nicht nur abseits asphaltierter Strecken, sondern auch in der Stadt unterwegs sein? Das R Raymon Tourray 8.0 ist mit seinem Yamaha-Antrieb eine interessante Alternative, gut ausgestattet und ebenfalls voll bergtauglich dank 12-fach Schaltung. Der Schwerpunkt liegt jedoch mehr auf Komfort und Fahrten auf Asphalt.
- Der Komfort-Sieger: Eure Touren können auch gerne einmal mehrere Tage andauern? Das Riese & Müller Nevo3 GT Vario bietet euch den größtmöglichen Komfort. Es überzeugt mit einer Vielzahl an hochwertigen Ausstattungsoptionen. Als Tiefeinsteiger hat es einen Sonderstatus im Testfeld. Die Sitzposition ist relativ aufrecht und nur leicht sportlich. Die Bereifung des Testrades sieht den Haupteinsatzzweck auf Asphalt vor.
Herzlichen Dank an die E-Bike Experten von e-motion e-Bike Welt Freiburg Süd für die Bereitstellung der Testräder.
Viel Spaß beim Testen!
Euer Belchenradler
e-Biketouren Radreisen Fahrtechnik
www.belchenradler.de