Zuletzt aktualisiert am 8. September 2021
Wenn dieser Beitrag veröffentlicht wird, ist mein Pendler-Sommer auf dem Vado SL bereits vorbei, das e-Bike ist verpackt und wieder bei Specialized. Was mir geblieben ist, sind straffe Beine, eine viel bessere Kondition und drei wichtige Erkenntnisse zum Thema Pendeln mit dem e-Bike:
- Das Pendeln mit dem e-Bike hat meinem Geist und meinem Körper wahnsinnig gut getan, ich war fitter, konzentrierter und zufriedener!
- Auch nach mehreren Monaten, in denen die morgendliche e-Bike Tour zur Gewohnheit geworden ist, hat mich ein unbeliebter Bekannter nie ganz verlassen: Mein innerer Schweinehund!
- Gegen diesen âBegleiterâ gibt es einen wirkungsvollen Gegenpol: Das e-Bike. Denn auch an schlechten Tagen hilft einem die reine PrĂ€senz des Motors im Rahmen den inneren Schweinehund einfach auf stumm zu stellen!
Ebenso wie meine Zeit auf dem Vado SL zu Ende ist, beendet auch dieser Beitrag meine âPendeln mit dem e-Bike”-Reihe. Jetzt wird abgerechnet! Wie hat sich das Vado SL nach vier Monaten geschlagen – wĂŒrde ich das Fitness e-Bike von Specialized wieder wĂ€hlen? WĂŒrde ich generell wieder auf ein e-Bike steigen, um meinen Arbeitsweg zu bestreiten und was hat die regelmĂ€Ăige Bewegung mit mir gemacht?
Macht e-Bike Fahren mich zu einem besseren Menschen?
Eine durchaus ketzerische Frage, die ich natĂŒrlich nur fĂŒr mich selbst beantworten kann und meine Antwort lautet: Ja! Warum? Das Pendeln, also die regelmĂ€Ăige sportliche BetĂ€tigung, die Zeit an der frischen Luft und die Möglichkeit, sich alle Sorgen und alle Gedanken einfach aus dem Kopf âstrampelnâ zu können, haben Eigenschaften bei mir verstĂ€rkt oder gefördert, die ich positiv bewerte.Â
Ich bin ausgeglichener: Ob es nur an der Bewegung liegt oder an der Vermeidung stressiger oder nerviger Situationen, wie dem morgendlichen Stau, dem Autofahrer vor mir, der mir zu langsam fĂ€hrt, der ewig viel zu vollen Bahn oder der VerspĂ€tung dieser – ich weiĂ es nicht und wahrscheinlich ist es eine Kombination all dieser Punkte, aber bereits nach den ersten Fahrten merke ich kleine VerĂ€nderungen. Ich bin viel entspannter und rege mich nicht mehr so schnell auf. Zudem lĂ€chle ich mehr, denke positiver und fĂŒhle mich einfach wohler in meiner Haut. TagsĂŒber bin ich auĂerdem konzentrierter und leistungsfĂ€hige. Und abends lege ich mich mit einem wohligen GefĂŒhl der Zufriedenheit aufs Sofa in dem Wissen, dass ich nicht nur mein geistiges, sondern auch mein körperliches Pensum erfĂŒllt habe – wunderbar!

Ich verbringe meine Pendler-Zeit bewusster: Ich stelle fest, wie blind ich zuvor meinen Arbeitsweg beschritten habe. Auf dem Vado SL nehme ich meine Umgebung sehr viel bewusster wahr als durch die Frontscheibe meines Autos. Ich bin irgendwie nĂ€her dran, eigentlich sogar mittendrin. So entdeckte ich nicht nur neue Orte und neue Strecken. Auch auf genau denselben StraĂen, die ich schon etliche Male mit dem Auto gefahren bin, entdeckte ich Neues. So zum Beispiel eine wunderschöne alte Villa, die mich irgendwie faszinierte. Es macht mich noch jetzt fassungslos, dieses architektonische Kunstwerk zuvor nie wahrgenommen zu haben und ich bemĂŒhe mich seitdem, meiner Umgebung mehr Aufmerksamkeit zu schenken. Egal, wie ich mich fortbewege!

Beenden wir diese emotionalen Ausschweifungen und widmen uns wieder greifbaren Dingen:
Körperliche Effekte: Wo einmal Fett war, sind jetzt Muskeln!
Mein Ziel des Selbstversuchs war es fitter zu werden, etwas fĂŒr meine Gesundheit zu tun und wenn möglich auch ein paar bis âein paar mehrâ Kilos zu verlieren. Hat es funktioniert? Lange Zeit tat sich ĂŒberhaupt nichts auf der Waage, am Ende des Tests habe ich lĂ€cherliche 3 Kilo verloren. EnttĂ€uscht bin ich trotzdem nicht, denn sportlich erfahrene GesprĂ€chspartner beruhigen mich: Wo einmal Fett war, sind jetzt Muskeln und diese materielle Umwandlung mache sich auf der Waage eben kaum bemerkbar. Und tatsĂ€chlich: Irgendwie ist alles ein bisschen straffer, die Muskeln an Ober- und Unterschenkeln zeichnen sich deutlich ab. So deutlich, dass eine neue Kollegin mich tatsĂ€chlich fragt, welchen Leistungssport ich denn machen wĂŒrde (und das ist mir seit dem Ende meiner Hobby-Reitkarriere vor 15 Jahren nicht mehr passiert).

Ich bin definitiv fitter geworden! Lange Treppen nehme ich locker ohne hinterher schwer zu atmen und im Sommerurlaub bin ich sogar gejoggt (ich hasse Laufen), weil mir die Bewegung gefehlt hat!Â
Sport kann auch weh tun: Von Muskeltigern und ergonomischen Problemen
Aber ich will nicht alles durch die rosarote Brille darstellen: Es gab auch Tage, an denen mein Knie wahnsinnig geschmerzt hat, ich mich vor Muskelkater kaum bewegen konnte. In diesen Momenten habe ich diesen Selbstversuch, das Vado SL und mich selbst verflucht habe. Doch das kam zum GlĂŒck selten vor! Was ich aber schlecht in den Griff bekommen habe, waren meine tauben und schmerzenden Handgelenke (ich habe im letzten Bericht davon erzĂ€hlt). Was hat mir geholfen? NatĂŒrlich habe ich recht schnell die Position der Handballenablage ĂŒber eine Drehung der Griffe verĂ€ndert. Aber erst als ich stĂ€ndig darauf achtete, meine Armhaltung so zu verĂ€ndern, dass sich der Knick von Hand zu Unterarm auf der horizontalen Achse minimierte, hörten die Beschwerden auf. Ergonomie auf dem Rad ist eben keine Erfindung der Industrie, sondern das Ergebnis wissenschaftlicher Fakten.

Hat das Vado SL den Pendlersommer ebenso gut ĂŒberstanden?
Nach vier Monaten und etlichen Kilometern vertrĂ€gt jedes e-Bike etwas Pflege und Wartung. Das Vado SL aber ist recht genĂŒgsam, wie ich feststellen musste. Weder das Antriebssystem, noch die Gangschaltung oder die Bremsen zeigten Ausfallerscheinungen oder meldeten sich zur Reparatur an. Lediglich das Frontlicht hatte nach etwa 1.000 Kilometern an der Aufnahme zur Lenkerbefestigung etwas Spiel bekommen und das Schutzblech vorne machte durch ein subtiles Surren auf sich aufmerksam, wenn ich dem Lenker etwas Raum gelassen habe. Aber: Ehrlich gesagt wĂ€re dies nicht passiert, hĂ€tte ich mich an die vorgegebenen Wartungszeiten gehalten.Â

Selbst ĂŒberrascht, als ich auf den KilometerzĂ€hler gucke, stelle ich fest, dass ein Werkstattbesuch seit etwa 500 km ĂŒberfĂ€llig ist. Denn bei der Erstinspektion werden eben auch alle Schrauben nachgezogen.

Fazit zum e-Bike Pendeln mit dem Vado SL
Pendeln mit dem e-Bike – eine klasse Erfahrung fĂŒr mich, die ich gerne im nĂ€chsten FrĂŒhjahr fortsetzen möchte. Warum erst im FrĂŒhjahr? Ich habe einen entscheidenden Fehler gemacht: Ich habe erst ĂŒber Herbst- und Wintertaugliche Radkleidung nachgedacht, als die Temperaturen schon niedrig und der Niederschlag schon hoch war. Nicht das beste Timing, um sich zu motivieren. Die Ausrede âIch wĂŒrde ja fahren, wenn ich geeignete Kleidung hĂ€tte âŠ.â lieĂ sich so einfach anwenden und nach ein paar Wochen war dann sowohl die Routine als auch der Biss weg.Â

HĂ€tte ich mir rĂŒckwirkend ein anderes e-Bike gewĂŒnscht? Ganz klar: nein! Das Vado SL war fĂŒr mich der beste Motivator ĂŒberhaupt. Das Light e-Bike (wie der neueste Trendbegriff fĂŒr leichte und weniger stark motorisierte Pedelecs ist) hat mich ohne groĂe AusfĂ€lle treu begleitet, lediglich ein paar SchrĂ€ubchen mussten wĂ€hrend des Tests nachgezogen werden.
Das Antriebssystem mit dem leichten Motor und dem kleinen Akku war ebenfalls goldrichtig fĂŒr mich: Viel Eigenleistung und gleichzeitig die Gewissheit, im Zweifel doch auf die dritte UnterstĂŒtzungsstufe zurĂŒckgreifen zu können. Das war genau das, was ich mir vorgestellt hatte. Hinzu kommt die phĂ€nomenale Akkureichweite des winzigen 320 Wh Akkus, mit dem ich im Schnitt doch etwa 110 km weit gekommen bin.

Doch natĂŒrlich ist nicht alles Gold, was glĂ€nzt und auch ein Vado SL ist nicht perfekt. So ist mir zum Beispiel ein zu groĂer Gangsprung zwischen dem 5. und 6. Gang der Shimano XT (12-fach) immer wieder negativ aufgefallen. Auch das GerĂ€usch kleiner Kiesel, die voller Schwung von innen am gesamten Schutzblech entlang geschleudert wurden, war etwas, an das ich mich nur langsam gewöhnt habe. Das waren aber auch schon die einzigen Kritikpunkte am Fitness e-Bike von Specialized. Vielleicht wĂŒrde ich mich schlussendlich doch fĂŒr die Non Equipped Version des Vado SL entscheiden und zugunsten einer breiteren und stĂ€rker profilierten Bereifung (EQP = 38mm Breite; Non EQP = 42 mm Breite möglich) auf GepĂ€cktrĂ€ger und Licht verzichten.Â